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Selbsterfahrung – mehr als eine Pflicht: Ein Schlüssel für persönliche Entwicklung

Updated: Oct 16

Für viele angehende Lebens- und Sozialberater:innen ist die Selbsterfahrung ein fixer Bestandteil der Ausbildung – ein Pflichtmodul, das absolviert werden muss, um zum nächsten Abschnitt zugelassen zu werden. Doch wer diesen Prozess nur als formale Voraussetzung betrachtet, verpasst den eigentlichen Kern: Selbsterfahrung ist kein Pflichtteil, sondern ein zentraler Schlüssel – für Selbstkenntnis, professionelle Haltung und persönliche Reife.


Sie ermöglicht, das zu tun, was im hektischen Alltag oft zu kurz kommt: innehalten, nach innen lauschen und verstehen, warum wir so fühlen, denken und handeln, wie wir es tun. In der psychosozialen Beratung ist dieses Bewusstsein nicht nur hilfreich, sondern die Grundlage für authentische, wirksame Begleitung.


Selbsterfahrung bedeutet, sich bewusst mit der eigenen Geschichte, den eigenen Gefühlen und tief verankerten Überzeugungen auseinanderzusetzen. Es ist ein Prozess, der Mut, Offenheit und Selbstmitgefühl erfordert – und der gleichzeitig den Weg zu mehr innerer Freiheit öffnet.

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1. Selbsterfahrung stärkt Deine persönliche Klarheit

Wir alle tragen Erfahrungen, Prägungen und innere Überzeugungen in uns, die unser Handeln beeinflussen – oft unbewusst. Diese inneren „Programme“ formen, wie wir Beziehungen gestalten, Entscheidungen treffen oder auf Stress reagieren. Erst durch bewusste Reflexion werden sie sichtbar – und damit veränderbar.


In der Selbsterfahrung lernen wir, diese Muster zu erkennen, zu verstehen und in einen neuen Kontext zu stellen. Psychologisch gesehen ist das ein Prozess der Selbstintegration: Frühere Erfahrungen, die abgespalten oder verdrängt waren, werden wieder Teil unseres bewussten Selbst. Dadurch entsteht Kohärenz – ein Gefühl innerer Stimmigkeit.


Neurowissenschaftlich betrachtet stärkt dieser Prozess die Verbindung zwischen limbischem System und präfrontalem Kortex – also zwischen Emotion und bewusster Steuerung.Das Resultat: Wir reagieren weniger impulsiv, können Emotionen besser regulieren und treffen Entscheidungen mit größerer Klarheit.


Diese Klarheit ist ein unschätzbarer Gewinn – nicht nur für die berufliche Rolle, sondern für das ganze Leben.Sie ermöglicht, die eigenen Grenzen zu erkennen, Werte bewusst zu leben und sich auf das zu konzentrieren, was wirklich zählt.


2. Selbsterfahrung fördert Deine berufliche Haltung

In der Ausbildung zur Lebens- und Sozialberatung ist Fachwissen wichtig – doch die Haltung entscheidet, wie wir dieses Wissen einsetzen. Selbsterfahrung ist die Brücke zwischen Theorie und authentischer Praxis.


Wer selbst erlebt, wie es ist, begleitet zu werden, entwickelt ein tiefes Verständnis für das Gegenüber.Empathie wird dadurch nicht zur Technik, sondern zur inneren Haltung. In der Resonanzmethode etwa gilt Selbsterfahrung als Voraussetzung für Resonanzfähigkeit – die Fähigkeit, mit sich selbst und anderen in Verbindung zu gehen, ohne sich zu verlieren.


Diese Form der professionellen Selbstkenntnis schützt vor Übertragung, Projektion und unbewusster Rollenverstrickung – zentrale Themen in der psychosozialen Arbeit.Sie stärkt die Selbstreflexionskompetenz, die laut Forschung (z. B. Orlinsky & Rønnestad, 2005) zu den entscheidendsten Wirkfaktoren erfolgreicher Beratungs- und Coachingprozesse zählt.


Selbsterfahrung bedeutet hier, die eigene Menschlichkeit bewusst einzubeziehen, anstatt sie hinter professioneller Distanz zu verstecken. So entsteht eine Haltung, die zugleich empathisch, klar und tragfähig ist – für Klient:innen und Berater:innen gleichermaßen.


3. Selbsterfahrung unterstützt Deine persönliche Entwicklung

Über die Ausbildung hinaus ist Selbsterfahrung ein lebenslanger Entwicklungsweg.Sie fördert Selbstvertrauen, emotionale Stabilität und die Fähigkeit, mit Herausforderungen konstruktiv umzugehen.


Psychologisch kann dieser Prozess als Form der Selbstaktualisierung verstanden werden – ein Begriff, den Carl Rogers prägte. Er beschreibt damit die natürliche Tendenz des Menschen, zu wachsen, zu lernen und sein Potenzial zu entfalten.Selbsterfahrung schafft die Bedingungen dafür: Sicherheit, Akzeptanz und Bewusstheit.


In der Praxis zeigt sich das oft in Momenten tiefer Einsicht – wenn Menschen plötzlich verstehen, warum sie auf eine bestimmte Weise reagieren, oder wenn sie zum ersten Mal Mitgefühl mit sich selbst empfinden.Diese „Aha-Momente“ wirken nachhaltig: Sie verändern, wie wir mit uns und anderen umgehen, und stärken die emotionale Resilienz.


Viele berichten, dass die Selbsterfahrung weit über die Ausbildung hinaus wirkt – sie bringt mehr Ruhe, Authentizität und Vertrauen ins eigene Leben. So wird aus einer Pflichtübung ein persönlicher Meilenstein.


Fazit – Pflicht mit Mehrwert

Selbsterfahrung ist kein Modul, das man abhakt – sie ist ein transformierender Prozess. Sie schafft Klarheit, vertieft die professionelle Haltung und stärkt die persönliche Reife.

Wer sich bewusst auf diesen Weg einlässt, investiert nicht nur in die eigene Ausbildung, sondern in das Fundament eines authentischen, erfüllten Lebens.Denn jede bewusste Begegnung mit sich selbst erweitert die Fähigkeit, andere auf ihrem Weg zu begleiten.

„Selbsterfahrung ist der Mut, sich selbst zu begegnen – und darin das Potenzial zu entdecken, das bereits da ist.“ – Sylvia Hartig-Tomek

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Sylvia Hartig-Tomek, MSc

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